Mietkaution im Insolvenzverfahren (Wohnraummiete)

Was müssen Vermieter und Mieter bei Kündigung und Auszug aus der Wohnung hinsichtlich der gestellten Mietsicherheit (Kaution) beachten?

Beim Einzug in eine neue Wohnung ist es üblich, dass der Mieter eine Kaution in Höhe von bis zur dreifachen Nettokaltmiete (§ 551 BGB) an den Vermieter zahlen muss. Diese dient dem Vermieter beim Auszug des Mieters als Sicherheit für Schäden, offene Mieten oder Forderungen aus noch anstehenden Betriebskostenabrechnungen. Sind bei Übergabe der Wohnung keine Schäden vorhanden, die Mieten bezahlt und die Betriebskosten vollständig abgerechnet, hat der Mieter einen Rückzahlungsanspruch.

Wird über das Vermögen des Mieters das Insolvenzverfahren eröffnet, ergeben sich sowohl für den Vermieter als auch für den Mieter Änderungen, die große finanzielle Auswirkungen haben können.

Kann der Mieter die Kaution beim Auszug von seinem Vermieter zurückfordern und für die Kaution bei einem neuen Vermieter verwenden oder fällt sie in die Insolvenzmasse?

Die Beantwortung der Frage hängt davon ab, wann der Vermieter Post vom Insolvenzverwalter des Schuldners bekommen hat.

Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens schickt der Insolvenzverwalter des Mieters dem Vermieter ein Schreiben (sog. Enthaftungserklärung), in welchem er erklärt, dass er nach Ablauf der Kündigungsfrist für das Mietverhältnis nicht mehr für Mietrückstände seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufkommt (§ 109 Abs. 1 Satz 2 InsO). Die Frist beträgt drei Monate, wenn die Erklärung des Insolvenzverwalters spätestens am dritten Werktag des Monats zugegangen ist. Erfolgt der Zugang nach dem dritten Werktag, verlängert sich die Frist um einen Monat. Bis zu diesem Zeitpunkt ist der Insolvenzverwalter theoretisch verpflichtet, Mietschulden aus der Zeit nach Eröffnung des Verfahrens auszugleichen (§ 55 Abs. 2 Ziffer 2 InsO). Meistens ist jedoch keine ausreichende Insolvenzmasse vorhanden, die Mietschulden zu bezahlen. Der Mieter muss sich dann mit seinem Vermieter einigen oder der Vermieter kündigt das Mietverhältnis.
Entsteht der Anspruch auf Rückzahlung der Kaution durch eine Kündigung des Mieters erst nach Ablauf der vorgenannten Frist, steht die Kaution dem Mieter zu. Hat der Vermieter vor Ablauf der Frist gekündigt, fällt die Kaution in die Insolvenzmasse.

Praxis-Tipp für Mieter:

Planen Sie möglichst keinen Wohnungswechsel kurz vor oder kurz nach Beantragung oder Eröffnung eines Insolvenzverfahrens.

Lassen Sie sich fachkundig beraten, wenn ein Umzug unvermeidbar ist. Die Berechnung der Fristen ist nicht immer einfach und die finanziellen Folgen können erheblich sein.

Muss der Vermieter die Kaution an seinen ehemaligen Mieter oder dessen Insolvenzverwalter auszahlen?

Auch hier hängt die Beantwortung der Frage davon ab, wann der Vermieter Post vom Insolvenzverwalter des Schuldners bekommen hat (siehe oben).

Kündigt der Mieter nach Ablauf der Frist gemäß § 109 Abs. 1 S. 2 InsO, so steht ihm die Kaution zu. Den Fristablauf wird der Insolvenzverwalter meist in seine Enthaftungserklärung aufnehmen oder er muss vom Vermieter unter Berücksichtigung des Eingangs der Kündigung berechnet werden. Bei einer Kündigung vor Ablauf der Frist für die Enthaftungserklärung steht die Kaution den Insolvenzverwalter zu.

Praxis-Tipp für Vermieter:

Informieren Sie den Insolvenzverwalter über eine Kündigung des Mieters und lassen Sie sich bestätigen, dass die Kaution an den Mieter ausgezahlt werden darf.
Lassen Sie sich erforderlichenfalls fachkundig beraten. Die Berechnung der Fristen ist nicht immer einfach und die Folgen können in finanzieller Hinsicht erheblich sein.

Weitere Informationen zum Thema Mietrecht in der Insolvenz finden Sie hier.

Ausnahmen zur Restschuldbefreiung – Deliktsforderungen

Was sind Deliktsforderungen?


Bestimmte Verbindlichkeiten sind von der Erteilung der Restschuldbefreiung gemäß § 302 InsO ausgenommen. Diese besonderen Forderungen – und nur diese – können Gläubiger auch noch nach Erteilung der Restschuldbefreiung geltend machen und müssen vom Schuldner bezahlt werden.

Es handelt sich hierbei um:

  • Geldstrafen und gemäß § 39 Abs. 1 Ziffer. 3 InsO gleichgestellte Verbindlichkeiten wie Geldbußen, Ordnungs- und Zwangsgelder sowie Nebenfolgen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit, die zu einer Geldzahlung verpflichten
  • zinslose Darlehen zur Begleichung des der Kosten des Insolvenzverfahrens
  • und deliktische Forderungen aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung.

Dies sind Forderungen wegen Vermögensschäden, die durch Straftaten entstanden sind, wie z.B.

– Betrug / Kreditbetrug

– Steuerhinterziehung

– Nichtabführen von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung

– Körperverletzungen, Diebstahl, Unterschlagungen, Sachbeschädigungen etc.

– Unterhaltsrückstände, die vorsätzlich pflichtwidrig nicht gezahlt worden sind

oder Verletzung der Unterhaltspflicht gemäß § 170 StGB

– Auch Steuerverbindlichkeiten gehören hierzu, wenn eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer  Steuerstraftat (insbesondere Steuerhinterziehung)  nach §§ 370, 373 oder § 374 der Abgabenordnung erfolgt ist.

Wie werden deliktische Forderungen zur Insolvenztabelle angemeldet?

Der Gläubiger muss bei Anmeldung der Forderung Tatsachen angeben, aus denen sich nach seiner Einschätzung ergibt, dass es sich bei der Forderung um eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung, eine vorsätzlich pflichtwidrige Verletzung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht, einer Steuerstraftat etc. handelt (§ 174 Abs. 2 Insolvenzordnung) .

Was passiert nach der Anmeldung einer Deliktsforderung?

Das Insolvenzgericht informiert den Schuldner über diese besondere Forderungsanmeldung. Es weist auf die Möglichkeit zum Widerspruch gegen die Forderung insgesamt oder hinsichtlich des Deliktmerkmals hin.

Wird der Forderung nicht widersprochen, ist sie endgültig festgestellt und die Forderung ist von der Erteilung der Restschuldbefreiung gemäß § 302 InsO ausgenommen.

Wird der Forderung insgesamt oder hinsichtlich des Deliktsmerkmals widersprochen, kann vom Gläubiger oder Schuldner eine endgültige Entscheidung herbeigeführt werden.

Wie kann man sich gegen Deliktsforderungen verteidigen?

Zunächst sollten bei Gericht die Unterlagen, mit denen der Gläubiger seine Deliktsforderung begründet, angefordert oder eingesehen werden. Ergibt sich aus den Unterlagen, dass die Voraussetzungen für eine Deliktsforderung nicht gegeben sind, kann die Forderung hinsichtlich des Deliktsmerkmals bestritten werden. Ist die Forderung insgesamt nicht begründet, kann sie auch insgesamt bestritten werden.

Das Gericht wird den Widerspruch gegen das Deliktsmerkmal und/oder die Forderung insgesamt in die Insolvenztabelle eintragen. Auch wenn der Schuldner der Auffassung ist, dass die Forderung nicht besteht, kann der Insolvenzverwalter die Forderung anerkennen. Zum Deliktsmerkmal gibt er jedoch keine Erklärung ab!

Wie geht es nach einem Bestreiten des Deliktsmerkmals weiter?

Wenn der Gläubiger die Auffassung vertritt, dass das Deliktsmerkmal gegeben ist, kann er auf Feststellung klagen, dass eine vorsätzlich begangene unerlaubte Handlung vorliegt. In diesem Fall wird das Gericht prüfen , ob tatsächlich eine Deliktsforderung vorliegt. Stellt das Gericht fest, dass eine Deliktsforderung vorliegt, ist die Forderung von der Erteilung der Restschuldbefreiung ausgenommen.

Umgekehrt kann auch der Schuldner darauf klagen, dass festgestellt wird, dass keine Deliktsforderung vorliegt. Wird der Klage stattgegeben, ist die Forderung von der Erteilung der Restschuldbefreiung umfasst.

Achtung: Wenn der Schuldner dem angemeldeten Deliktsmerkmals widerspricht und weder der Gläubiger noch der Schuldner eine Feststellungsklage erheben, kann der Gläubiger nach Erteilung der Restschuldbefreiung einen vollstreckbaren Auszug aus der Insolvenztabelle beantragen und daraus die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben. In diesem Fall kann der Schuldner gegen den Gläubiger Vollstreckungsgegenklage erheben. Der Gläubiger muss dann darlegen und beweisen, dass es sich um eine Deliktsforderung handelt. Zu diesem Zeitpunkt liegt der Grund für die Forderung meist mehr als sechs Jahre zurück, so dass es für den Gläubiger schwierig wird, den Beweis zu führen.

Zusammenfassung:

Auch wenn das Gericht bei Anmeldung einer Deliktsforderung dem Schuldner ein Belehrungsschreiben übersendet, ist es für einen Laien kaum möglich festzustellen, ob tatsächlich alle Voraussetzungen und Merkmale einer Deliktsforderung gegeben sind. Bei Zweifeln hinsichtlich der Forderung und/oder des Deliktscharakters sollte zumindest rechtzeitig Widerspruch gegen das Deliktsmerkmal eingelegt werden.

Der Gläubiger sollte bei einem Widerspruch des Schuldners, über den er informiert wird, gleichfalls sorgfältig prüfen, ob tatsächlich eine deliktische Handlung vorliegt und nachgewiesen werden kann. Darüber hinaus müssen sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner prüfen, ob und wann eine gerichtliche Klärung sinnvoll ist.

Für die weitere Überprüfung sollten Sie fachkundige Hilfe eines auf Insolvenzrecht spezialisierten Rechtsanwalts in Anspruch nehmen. Bei einer gerichtlichen Klärung trägt derjenige die Kosten, der den Rechtsstreit verliert.