Insolvenzrecht- Erhöhung des Pfändungsfreibetrages für Kinder des neuen Lebenspartners?

Ist der Pfändungsfreibetrag in der Insolvenz für Stiefkinder/Kinder des Lebenspartners zu erhöhen?

Ein aktueller Fall: 

Unser Mandant befindet sich im Insolvenzverfahren. Aktuell lebt er mit seiner neuen Partnerin und deren Kindern zusammen in einer Patchworkfamilie. Für ein Kind aus erster Ehe muss er Unterhalt zahlen. Seine Partnerin und ihre Kinder haben keine Einkünfte. Der Antrag seiner Partnerin auf Bewilligung von Sozialleistungen nach dem SGB II (Hartz IV) wurde zurückgewiesen, da unser Mandant mit seiner Partnerin und den Kindern eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 2 und 3 SGB II) bildet. Damit übernimmt unser Mandant faktisch auch den Unterhalt für seine Partnerin und die Kinder seiner Partnerin.

Da er nicht nur seinem leiblichen Kind Unterhalt gewährt, möchte er seinen Pfändungsfreibetrag heraufsetzen lassen.

Der Antrag wurde abgelehnt.

Zu Recht?

Im Insolvenzverfahren ist unser Mandant verpflichtet, den pfändbaren Anteil seiner Einkünfte den Gläubigern zur Befriedigung zur Verfügung zu stellen. Nach Ermittlung seines pfändungsrelevanten Nettoeinkommens  sind die Unterhaltspflichten für die Ermittlung des pfändbaren Betrages zu bestimmen (§ 850 c ZPO). Eine Unterhaltspflicht besteht zunächst gegenüber seinem Kind aus erster Ehe. Darüber hinaus zahlt er die Lebenshaltungskosten für seine Partnerin und deren Kinder. Diesen ist er jedoch nicht gesetzlich (§§ 1601 und 1360a BGB) zum Unterhalt verpflichtet. Er zahlt die laufenden Kosten, weil es sich um seine neue Patchwork-Familie handelt.

Der Bundesgerichtshof hat im Oktober 2017 entschieden, dass Lebenspartner oder Stiefkinder nicht als gesetzliche Unterhaltspflichten berücksichtigt werden (BGH IX . ZB 100/16).

Ausnahme:

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Summe der Einkünfte, die der Bedarfsgemeinschaft (unserem Mandanten, seiner Partnerin und deren Kindern) zur Verfügung stehen, das gesetzliche Existenzminimum unterschreitet. In diesem Fall kann und muss unser Mandant eine Bescheinigung des zuständigen Sozialleistungsträgers beantragen und damit nachweisen, dass das Existenzminimum unterschritten wird. Konkret muss das Jobcenter im Rahmen der Bewilligung von Hartz IV-Leistungen abstrakt prüfen, ob das Einkommen nach Abzug der pfändbaren Beträge niedriger ist als die Leistungen, die unser Mandant seine Partnerin und deren Kinder zusammen erhalten könnten.

Wichtig: Das Jobcenter ist verpflichtet, eine entsprechende Bescheinigung zu erstellen. Ergibt sich hieraus, dass unser Mandant nach Abzug der pfändbaren Beträge weniger Einkommen hat, als er vom Jobcenter für sich, seine Partnerin und deren Kinder als Bedarfsgemeinschaft erhalten könnte, kann er die Heraufsetzung des Pfändungsfreibetrages beim Insolvenzgericht unter Vorlage der Bescheinigung des Jobcenters beantragen. Das Insolvenzgericht wird dann einen weiteren Betrag seiner Einkünfte, der zur Sicherung des Existenzminimums seiner neuen Patchwork-Familie erforderlich ist, von der Pfändung zu Gunsten der Gläubiger ausnehmen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Einfach und schnell schuldenfrei – Wie geht das?

Gibt es einen Weg, einfach und schnell schuldenfrei zu werden?

Hier ein paar Tipps zur Entschuldung:

Die Insolvenzordnung sieht für jeden die Möglichkeit vor, sich von seinen Schulden zu befreien. Nach Durchführung einer außergerichtlichen Schuldenregulierung wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, das mit der Restschuldbefreiung nach drei Jahren endet, wenn 35 % der Verbindlichkeiten befriedigt und die Kosten des Verfahrens gedeckt sind. Nach fünf Jahren wird die Restschuldbefreiung erteilt, wenn zu diesem Zeitpunkt zumindest die Kosten des Verfahrens (ca. 1.800,00 bis 2.800,00 €) gedeckt sind. In allen übrigen Fällen wird die Restschuldbefreiung nach sechs Jahren erteilt. Für die Vorbereitung des Insolvenzverfahrens müssen zudem nochmals 2-5 Monate hinzugerechnet werden. Damit dauert die Entschuldung mindestens 3,5 bis 6,5 Jahre!

Eine wirklich schnelle Entschuldung ist jedoch möglich, wenn Sie die Möglichkeit haben, von dritter Seite einen Vergleichsbetrag zur Befriedigung Ihrer Gläubiger zu erhalten. Die Höhe des Betrages hängt von Ihren Einkünften und Unterhaltspflichten (pfändbares Einkommen) ab und orientiert sich an den Aussichten der Gläubiger in einem Insolvenzverfahren. Erfahrungsgemäß sind Familienangehörige oft bereit, Beträge für eine schnelle Entschuldung zur Verfügung zu stellen. Auch manche Arbeitgeber sind bereit, entsprechende Darlehen zu gewähren, um gute Mitarbeiter zu motivieren, was  zum Unternehmenserfolg beiträgt. Der Entschuldungsbetrag kann und wird oft auch in Raten zurückgezahlt.
In diesem Fall ist eine außergerichtliche Schuldenregulierung in der Regel kurzfristig mit Erfolg möglich.

Nach Zahlung des Vergleichsbetrages erlassen die Gläubiger Ihnen die Restschulden. Zudem verpflichten sich die Gläubiger regelmäßig, eine Erledigungserklärung gegenüber der SCHUFA o.ä. abzugeben.
Sollten nicht alle Gläubiger einem außergerichtlichen Vergleich zustimmen, können in einem gerichtlichen Verfahren unter bestimmten Voraussetzungen fehlende Zustimmungen ersetzt werden. Dies wird in der Regel der Fall sein, wenn die Mehrheit der Gläubiger nach Summen und Köpfen dem Vergleich zustimmt und die Gläubiger nicht schlechter stehen als bei Durchführung eines Insolvenzverfahrens.

Fazit:

Ein Versuch ist meistens sinnvoll, wenn Sie die Möglichkeit haben, einen Vergleichsbetrag zu erhalten. Für Sie entstehen keine Nachteile! Aus Ablehnungen kann oft erkannt werden, zu welchen Konditionen doch noch ein Vergleich zustande kommen kann. Selbst bei einem Scheitern besteht der Vorteil, dass sodann meist alle Voraussetzungen vorliegen, unmittelbar die Insolvenzeröffnung zu Ihrer Entschuldung zu beantragen. Selbst im Insolvenzverfahren bestehen noch diverse Möglichkeiten und Optionen, mit Gläubigern Vergleiche abzuschließen und das Verfahren vorzeitig zu beenden. Lassen Sie sich in jedem Fall rechtzeitig beraten!

Unterhalt und Schulden – Wann muss man einen Insolvenzantrag stellen?

Eine häufig vorkommender Fall: Unser Mandant ist verpflichtet, Unterhalt für minderjährige Kinder zu zahlen. Gleichzeitig hat er Schulden bei Dritten und kann den Kindesunterhalt nicht bzw. nicht vollständig zahlen. Es laufen Unterhaltsrückstände auf. Schlimmstenfalls drohen Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder haben bereits begonnen.

Ist er in dieser Situation verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen, um seine unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit wiederherzustellen oder zu steigern?

Zu dieser Frage hat der Bundesgerichtshof bereits im Jahre 2005 entschieden: (BGH, Urteil vom 23.02.2005, XII ZR 114/13)

  1.  Die Pflicht zur Zahlung von Unterhalt an minderjährige Kinder stellt eine gesteigerte Unterhaltspflicht dar. Dies hat zur Folge, dass von dem Unterhaltsverpflichteten grundsätzlich alle erdenklichen und zumutbaren Anstrengungen verlangt werden, die Zahlung des Unterhaltes sicherzustellen. Hierzu zählt auch die Einleitung eines Insolvenzverfahrens.
  2. Das Verfahren muss darüber hinaus angemessen und zumutbar sein.

Angemessen ist die Einleitung eines Insolvenzverfahrens dann, wenn nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens wieder ausreichende oder zumindest mehr Mittel zur Verfügung stehen, den Unterhalt zu zahlen. Dies dürfte im Regelfall gegeben sein, soweit der Unterhaltsverpflichtete einer Vollzeiterwerbstätigkeit nachgeht. Denn ab dem Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung müssen die Verbindlichkeiten, die zuvor dazu geführt haben, dass der Unterhalt nicht mehr gezahlt werden konnte, nicht weiter bedient werden. Diese Verbindlichkeiten nehmen als Insolvenzforderungen am Insolvenzverfahren teil. Für die künftig entstehenden Unterhaltsforderungen nach Insolvenzeröffnung stehen dann wieder mehr Mittel zur Verfügung.

Es darf dem Unterhaltsverpflichteten nicht unzumutbar sein, die Insolvenz zu beantragen.

Dies ist z.B. der Fall, wenn die Verbindlichkeiten, die zur unterhaltsrechtlichen Leistungsunfähigkeit führen, nur noch für verhältnismäßig kurze Zeit bedient werden müssen. Das Restschuldbefreiungsverfahren dauert in der Regel bis zu sechs Jahre. Ist der Zeitraum, in dem die Schulden getilgt werden können, erheblich kürzer, kann es unzumutbar sein, ein Insolvenzverfahren zu durchlaufen. In diesem Fall muss kein Insolvenzantrag gestellt werden.

Ebenso kann sich eine Unzumutbarkeit daraus ergeben, dass die Unterhaltsverpflichtung in Kürze wegfallen wird und sich der Unterhaltsverpflichtete durch Eröffnung des Insolvenzverfahrens viel längere Zeit im Restschuldbefreiungsverfahren befinden würde, als er überhaupt noch Unterhalt zahlen müsste.

Da die Kinder unseres Mandanten noch sehr jung sind, und die Zahlungsverpflichtungen noch längere Zeit bestehen, kann nicht von einer Unzumutbarkeit ausgegangen werden. Daher haben wir ihm geraten, einen Insolvenzantrag zu stellen.

Wichtig für UnterhaltsgläubigerDie bei Einleitung eines Insolvenzverfahrens bis zum Eröffnungstag aufgelaufenen Unterhaltsrückstände  sind ebenfalls Insolvenzforderungen. Diese müssen daher durch den Unterhaltsberechtigten zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Dies hat zur Folge, dass die Unterhaltsrückstände ebenfalls von der Restschuldbefreiung erfasst werden. Als Unterhaltsberechtigter müssen Sie je nach Höhe der Unterhaltsrückstände daher gut überlegen. Vielleicht ist es im Einzelfall besser, sich nicht auf die Pflicht zur Einleitung eines Insolvenzverfahrens zu berufen. Bei Zweifeln oder Fragen lassen Sie sich bereits vorher sachkundig beraten.

 

 

Selbständig in der Insolvenz: Geht das?

Wenn Sie selbständig sind, können der Ausfall von Forderungen, der Verlust von Kunden oder andere unvorhergesehene Belastungen dazu führen, dass ein Insolvenzverfahren zur Entschuldung durchgeführt werden muss.

Häufig werden wir daher gefragt:

Kann ich auch nach Einleitung eines Insolvenzverfahrens weiter selbständig tätig bleiben?

Kann ich mich im Insolvenzverfahren oder in der Wohlverhaltensphase selbständig machen?

Die Insolvenzordnung sieht in § 35 Abs. 2 InsO ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass Sie trotz eines eröffneten Insolvenzverfahrens die selbständige Tätigkeit weiter ausüben können.

Es ist auch möglich, dass Sie eine selbständige Tätigkeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens beginnen, selbst wenn Sie zuvor nicht selbständig tätig waren.

Insolvenzverfahren

Nach dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens und Erteilung der Restschuldbefreiung wird das zuständige Insolvenzgericht in der Regel einen Gutachter beauftragen. Dieser prüft, ob ein Insolvenzgrund vorliegt und welche Vermögenswerte und Verbindlichkeiten vorhanden sind. Bei ausreichender Insolvenzmasse oder wenn die Stundung der Verfahrenskosten beantragt und bewilligt wurde, wird das Insolvenzverfahren eröffnet und der Gutachter zum Insolvenzverwalter bestellt.

Wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich Ihre Vermögenswerte nachteilig verändern, werden Sicherungsmaßnahmen angeordnet und der Gutachter wird zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. Dieses ist beispielsweise der Fall, wenn die Fortführung des Geschäftsbetriebes durch Zwangsvollstreckungen behindert werden und Kunden/Lieferanten Ware, Teile, Fahrzeuge, Maschinen etc. abholen wollen, die zur Fortführung notwendig sind. Der vorläufige Insolvenzverwalter wird gemeinsam mit Ihnen das Unternehmen fortführen und prüfen, ob das Unternehmen auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens mit Erfolg fortgeführt werden kann. Das Unternehmen als solches muss ein Betriebsergebnis erwirtschaften, welches es dem Inhaber ermöglicht, seine persönlichen Steuern, Vorsorgeaufwendungen, Krankenversicherung etc. zu bezahlen und seinen allgemeinen Lebensunterhalt zu bestreiten.

Hinweis: Bereits nach Bestellung eines Gutachters oder vorläufigen Insolvenzverwalters entscheidet sich in der Regel bis zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung, ob Sie Ihr Unternehmen auch zukünftig fortführen können. Es ist daher bereits im Rahmen der Antragstellung durch entsprechende Erläuterungen und Übergabe von ergänzenden Informationen sinnvoll, eine Fortführung vorzubereiten und mit dem Gutachter/vorläufigen Insolvenzverwalter vorbereitende Absprachen zu treffen.

Tipp: Lassen Sie sich vor Antragstellung qualifiziert beraten und reichen Sie den Antrag mit weitergehenden Erläuterungen durch einen im Insolvenzrecht erfahrenen Anwalt ein.

Die Freigabe der selbständigen Tätigkeit

Die Freigabe einer selbständigen Tätigkeit (§ 35 Abs. 2 S. 1 InsO) kann erst erfolgen, wenn das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist.

Ab Insolvenzeröffnung müsste der Betrieb durch den Insolvenzverwalter fortgeführt werden. Der Insolvenzverwalter muss jedoch darauf achten, dass er keine Verluste macht und die vorhandene Insolvenzmasse durch erfolgreiches Wirtschaften vergrößert. Dieses ist jedoch gerade bei kleinen Betrieben, die meist ausschließlich auf die Person des Inhabers zugeschnitten sind, für den Insolvenzverwalter schwierig und daher kaum kalkulierbar. Da er mit der Masse auch für Verluste haftet wird er bei derartigen Betrieben daher regelmäßig die Freigabe wählen, um die Masse zu schützen.

Der Insolvenzverwalter entscheidet jedoch in eigener Verantwortung, ob der Geschäftsbetrieb freigegeben wird.

Folgen der Freigabe der selbständigen Tätigkeit

Nach der Freigabe können Sie Ihre Tätigkeit wieder eigenverantwortlich ausüben. Sie erhalten alle Einnahmen, müssen aber auch alle Kosten und Steuern bezahlen.

Gegenüber dem Insolvenzverwalter besteht gemäß § 295 Abs. 2 Satz 2 InsO die Verpflichtung, Zahlungen an die Insolvenzmasse zu erbringen. Die Höhe der Zahlung wird ausschließlich fiktiv nach dem Nettoeinkommen ermittelt, dass Sie nach Ihrer Qualifikation und Erwerbsbiografie als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer erwirtschaften können. Aus diesem Einkommen wird unter Berücksichtigung Ihrer Unterhaltspflicht – wie bei einem Arbeitnehmer – der pfändbare Betrag ermittelt. Nur dieser Betrag ist regelmäßig an den Insolvenzverwalter zu überweisen. Auch wenn Sie deutlich höhere Einkünfte erwirtschaften, ist nur der vorgenannte Betrag an den Insolvenzverwalter abzuführen, so dass die freigegebene selbständige Tätigkeit erhebliche Chancen eröffnet.

Alle bereits vor Insolvenzeröffnung vorhandenen Dauerschuldverhältnisse (beispielsweise Miet -, Arbeits-, Versorgungs -, Leasingverträge etc.) leben wieder auf und sind fortzuführen. Besonderheiten gelten gegenüber der Finanzverwaltung.

Sofern Sie vor Eröffnung nicht selbständig tätig waren und nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine selbständige Tätigkeit aufnehmen, müssen Sie Ihren Insolvenzverwalter rechtzeitig und umfassend informieren.

HinweisLassen Sie sich rechtzeitig zu den Besonderheiten qualifiziert beraten. Achten Sie bei der Auswahl Ihres Steuerberaters darauf, dass diesem die steuerlichen Besonderheiten der freigegebenen selbständigen Tätigkeit in der Insolvenz bekannt sind.

Zusammenfassung

Die Aufnahme oder Fortführung einer selbstständigen Tätigkeit (mit oder ohne Arbeitnehmer) ist im Insolvenzverfahren und der Wohlverhaltensphase möglich.

Nehmen Sie (bei Einleitung eines Insolvenzverfahrens) qualifizierte Beratung in Anspruch, wenn Sie Ihren Betrieb nach Eröffnung des Verfahrens im Rahmen einer freigegebenen selbständigen Tätigkeit fortführen wollen.

Prüfen Sie die Tragfähigkeit Ihres Geschäftsmodells und ermitteln Sie, welche Einkünfte Sie als abhängig beschäftigter Arbeitnehmer erwirtschaften können.

 

 

Neue Schulden während der Privatinsolvenz

Was passiert eigentlich, wenn während der Privatinsolvenz neue Schulden entstehen? Ist die Restschuldbefreiung dann ausgeschlossen?

Alle Schulden/Verbindlichkeiten, die zum Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung bereits vorhanden waren, werden durch das Insolvenzverfahren entschuldet.
Werden nach diesem Zeitpunkt Waren bestellt oder Dienstleistungen in Anspruch genommen und nicht bezahlt, handelt es sich um sogenannte Neuverbindlichkeiten. Diese sind vom Insolvenzverfahren nicht erfasst. Der Gläubiger kann Neuverbindlichkeiten durch einen Mahn- und Vollstreckungsbescheid oder eine Klage gerichtlich durchsetzen. Auch kann er die Zwangsvollstreckung betreiben.

Eine Vollstreckung wird jedoch ins Leere gehen, da kein Vermögen mehr vorhanden ist. Das pfändbare Arbeitseinkommen ist bereits an den Treuhänder abgetreten (§ 287 Abs. 2 InsO) und wird vom Arbeitgeber in der Regel direkt an den Insolvenzverwalter überwiesen. Der Gläubiger wird daher bis zur Erteilung der Restschuldbefreiung warten müssen, bevor er diese Forderung vollstrecken kann.

Es bleibt daher nur die Möglichkeit, die Neuverbindlichkeit schon während des Insolvenzverfahrens durch Ratenzahlungen oder sonstige Vereinbarungen auszugleichen. Einen neuer Restschuldbefreiungsantrag zur Entschuldung kann erst zehn Jahre nach Erteilung der Restschuldbefreiung gestellt werden (§ 287a Ab. 2 Ziffer 1 InsO).

Immer wieder findet man den Hinweis, dass die Restschuldbefreiung ausgeschlossen ist, wenn während des laufenden Verfahrens neue Schulden entstehen. Die Insolvenzordnung sieht keinen auf diese Situation explizit zugeschnittenen Versagungsgrund (§§ 290,295 InsO) vor. Tatsächlich wird die Restschuldbefreiung daher nicht durch die neuen Schulden gefährdet!

Dennoch kann es gefährlich sein, neue Schulden zu verursachen. In besonderen Fällen kann eine Aufklärungspflicht hinsichtlich der Insolvenz bestehen. Dies gilt insbesondere bei Abschluss eines Mietvertrages. Bei Aufnahme eines neuen Arbeitsverhältnisses muss nur dann über die Insolvenz aufgeklärt werden, wenn die Information für die zu besetzende Stelle von Bedeutung ist. Bei Vertrauensstellungen und insbesondere bei Tätigkeiten im Zusammenhang mit Zahlungsverkehr – beispielsweise Kassentätigkeit – hat der Arbeitgeber ein berechtigtes Interesse, über die Insolvenz aufgeklärt zu werden.

Bei Bargeschäften oder direkten Austauschverträgen ist es regelmäßig kein Problem, wenn der Vertragspartner nicht über die Insolvenz informiert wurde. Dies gewinnt erst dann Bedeutung, wenn es um nachträgliche Ratenvereinbarungen geht und der Vertragspartner den Vertrag bei Kenntnis des Insolvenzverfahrens nicht geschlossen hätte. Werden sodann der Kaufpreis oder fällige Raten nicht bezahlt, kann es sich um eine Straftat in Form eines Eingehungsbetruges handeln, der zu strafrechtlichen Konsequenzen führen kann.

Tipp:

Möglichst nur Bargeschäfte tätigen. Online-Bestellungen reduzieren und nur dann tätigen, wenn das Konto gedeckt ist!