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Ist die Energiepreispauschale pfändbar? Probleme für Arbeitgeber und überschuldete Personen

Im September 2022 wird die Energiepreispauschale i.H.v. 300 € brutto an alle anspruchsberechtigten Personen ausgezahlt. Dies bedeutet nicht nur eine Menge Mehrarbeit für alle Arbeitgeber, es gibt auch keine eindeutige Regelung, was die Frage der Pfändbarkeit betrifft.  Wir haben den aktuellen Stand für Sie zusammengefasst:

1.Ist die Energiepreispauschale vor Pfändungen geschützt?

Der Gesetzgeber hat in dem Steuerentlastungsgesetz zur Energiepreispauschale nicht explizit geregelt, dass die Leistungen unpfändbar sind. Die Pfändungsschutzvorschriften in der Zivilprozessordnung (ZPO) führen nicht zur Unpfändbarkeit.

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat nunmehr auf seiner Website die nachfolgende Erklärung abgegeben:

Die EPP ist von einer Lohnpfändung nicht umfasst, da es sich arbeits- und sozialversicherungsrechtlich nicht um „Arbeitslohn“ oder „Arbeitsentgelt“ handelt. Die steuerliche Einordnung der EPP als Arbeitslohn ist insoweit unbeachtlich“.

Diese Erklärung führt jedoch nicht dazu, dass die Energiepreispauschale unpfändbar ist.

Zunächst handelt es sich lediglich um die Aussage eines Ministeriums, die nicht die aktuelle Rechtslage verändert. Bei Ausgestaltung des Gesetzes wurde  die Unpfändbarkeit der Leistungen nicht vorgesehen. Nach der allgemeinen Gesetzeslage sind die Leistungen der Energiepreispauschale damit insgesamt der Pfändung unterworfen!

2.Welche Folgen und Gefahren bestehen für überschuldete Personen oder Personen, die sich in einem Insolvenzverfahren befinden?

Wenn eine Lohnpfändung vorliegt, muss der Arbeitgeber aus dem durch die Energiepreispauschale erhöhten Entgelt den pfändbaren Betrag errechnen und an den Gläubiger oder Insolvenzverwalter abführen.

Sofern lediglich das Konto gepfändet wurde, überweist der Arbeitgeber das durch die Energiepreispauschale erhöhte Arbeitsentgelt auf das Konto seines Mitarbeiters. Reicht nunmehr der Freibetrag für das P-Konto nicht aus, wird der oberhalb des Freibetrages liegende Betrag an den pfändenden Gläubiger oder Insolvenzverwalter überwiesen.

3. Gibt es Rechtsschutzmöglichkeiten?

Bei einer Lohnpfändung kann versucht werden, über das Vollstreckungsgericht eine Freigabe der Energiekostenpauschale zu erwirken.

Bei einer Auszahlung der Pauschale auf das P-Konto mit zu geringem Freibetrag kann über das Vollstreckungsgericht versucht werden, die Energiekostenpauschale freizugeben.

Im Hinblick auf die fehlenden gesetzlichen Regelungen ist es aber fraglich, ob derartige Anträge erfolgreich sind. Aktuell wird überwiegend davon ausgegangen, dass die Energiepreispauschale pfändbar ist. Dennoch lassen sich auch Gründe für eine Unpfändbarkeit darlegen.

4.Welche Gefahren bestehen für Unternehmen und deren Steuerberater?

Die Arbeitgeber müssen die Energiepreispauschale auszahlen. Liegen für einzelne Arbeitnehmer Lohnpfändungen vor, müssen sie entscheiden, ob die Energiepreispauschale pfändbar oder unpfändbar ist.

Kleinere Unternehmen übertragen diese Tätigkeit meist auf ihren Steuerberater, der die Entgeltabrechnungen erstellt und somit über die Frage der Pfändbarkeit oder Unpfändbarkeit entscheiden muss.

Wird von einer Pfändbarkeit ausgegangen, muss der pfändbare Betrag an den Gläubiger ausgekehrt werden. Der Arbeitnehmer erhält somit keine Energiepreispauschale. Stellt sich später heraus, dass eine Pfändbarkeit nicht gegeben ist, muss der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer den Betrag nachzahlen. Zudem kann er versuchen, den an den Gläubiger ausgezahlten Betrag zurückzufordern.

Wird von einer Unpfändbarkeit ausgegangen, wird die Leistung an den Arbeitnehmer ausgezahlt (und erreicht ihn unter Umständen nicht, weil der Pfändungsfreibetrag auf dessen P-Konto überschritten wird). Stellt sich später heraus, dass die Leistung pfändbar war, muss er den Betrag nochmals an den Gläubiger zahlen. Zudem kann er versuchen, den Betrag von seinem Arbeitnehmer zurückzufordern. Bei Geringverdienern ist eine Verrechnung meist aufgrund der geringen Einkommen und des Unterschreitens der Pfändungsfreigrenzen nicht möglich. Zudem dürfte eine Rückforderung auch wegen des aktuell bestehenden Arbeitskräftemangels auch oft nicht zielführend sein.

Im Ergebnis befindet sich der Arbeitgeber, egal wie er sich verhält, in einer nicht lösbaren Situation!