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Neuregelungen für das Pfändungsschutzkonto ab dem 01.12.2021

Am 01.12.2021 tritt das Gesetz zur Fortentwicklung des Rechts des Pfändungsschutzkontos und zur Änderung von Vorschriften des Pfändungsschutzes (Pfändungsschutzkonto-Fortentwicklungsgesetz-PKoFoG) in Kraft. Durch dieses Gesetz wird insbesondere der Schutz des Existenzminimums bei Pfändungen von Girokonten und Gemeinschaftskonten sowie die regelmäßige Anpassung des Pfändungsfreibetrages für P-Konten neu geregelt und verbessert.

In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, welche neuen Regelungen ab dem 01.12.2021 gelten. Sie erhalten einen Überblick zu den Änderungen und Erläuterungen hierzu.

Jährliche Anpassung der Pfändungsfreibeträge

Die bisherige zweijährige Anpassung des Pfändungsfreibetrages erfolgt nunmehr jährlich zum 1. Juli eines jeden Jahres. Bezugsgröße ist das steuerfreie Einkommen nach § 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 EStG. Auch in diesem Jahr erfolgte bereits eine Erhöhung der Pfändungsfreibeträge zum 1. Juli.

Zahlungskonto statt Girokonto

Der Gesetzgeber verwendet nicht mehr den Begriff „Girokonto“ sondern nur noch den Begriff „Zahlungskonto“. In der Sache selber ergibt sich jedoch keine Änderung. Lediglich der Begriff wurde ausgetauscht.

Schutz bei Pfändung eines Gemeinschaftskontos

Bei Gemeinschaftskonten kann nunmehr innerhalb eines Monats verlangt werden, ein Einzelkonto auf den Namen eines Inhabers zu eröffnen. Dieses kann gleichzeitig in ein P-Konto umgewandelt werden. Das vorhandene Guthaben wird nach Kopfteilen aufgeteilt. (Beispielsweise bei zwei Personen je zur Hälfte). Die Mitwirkung des Mitinhabers ist nicht erforderlich.

Auf- und Verrechnungsverbot bei Umwandlung eines Zahlungskontos mit negativem Saldo in ein P-Konto

Auf Verlangen des Kontoinhabers muss die Bank oder Sparkasse nunmehr auch eine Zahlungskonto mit negativem Saldo in ein P-Konto umwandeln. Die pfändungsfreien Beträge dürfen nicht mit dem negativen Saldo verrechnet werden.

Schutz weiterer Erhöhungsbeträge sowie Schutz bei Nachzahlung von Leistungen

Für bestimmte Nachzahlungen wie beispielsweise für Nachzahlungen nach dem SGB II, SGB XII, AsylbLG, Rentennachzahlungen sowie Arbeitseinkommen bis  500 Euro  kann nunmehr Schutz über eine P-Konto-Bescheinigung erreicht werden. Darüber hinausgehende Nachzahlungen von Renten- und Arbeitseinkommen über Euro 500 können nur durch entsprechenden Beschluss des Vollstreckungsgerichts auf Antrag geschützt werden.

Übertragung von nicht verbrauchtem geschützten Guthaben für drei Monate

Nicht verbrauchtes Guthaben auf dem P-Konto kann nunmehr nicht nur für den Folgemonat, sondern für drei weitere Monate ohne Zugriff der Gläubiger auf dem Konto belassen werden.

Festlegung der regelmäßigen Gültigkeitsdauer der P-Konto-Bescheinigung auf zwei Jahre

Die P-Konto-Bescheinigung ist nunmehr für die Dauer von zwei Jahren gültig. Bisher gab es hierzu keine Regelung. Die Bescheinigung wird durch die Familienkasse, den Sozialleistungsträger und geeignete Personen gemäß § 305 Abs. 1 Nr. 1 InsO (Rechtsanwälte, Steuerberater und anerkannte Schuldnerberatungsstellen) erteilt.

Wird nachgewiesen, dass die Bescheinigung nicht durch die vorgenannten Institutionen oder Personen erteilt werden kann, ist nunmehr das Vollstreckungsgericht verpflichtet, eine P-Konto-Bescheinigung zu erteilen.

Informationspflichten der Banken zu noch verfügbaren Guthaben

Die Banken und Sparkassen sind nunmehr verpflichtet, auf Anfrage mitzuteilen, welche Beträge nicht von Pfändungen erfasst sind und welche Beträge zum Monatsende an die Gläubiger ausgekehrt werden, weil sie nicht mehr pfändungsfrei sind.

Rückumwandlung eines P-Konto in ein normales Zahlungskonto

Auch besteht ein Anspruch darauf, dass das P-Konto auf Verlangen mit einer Frist von mindestens vier Geschäftstagen wieder in ein normales Zahlungskonto ohne Pfändungsschutz umgewandelt werden muss.

Keine Freigabe durch Insolvenzverwalter erforderlich

Für Personen im Insolvenzverfahren wird klargestellt, dass der Insolvenzverwalter für das P-Konto keine zusätzliche Freigabe erklären muss.

Die Banken und Sparkassen  müssen Personen, die sich im Insolvenzverfahren befinden, über deren P-Konto frei verfügen lassen. Insbesondere wurde gesetzlich klargestellt, dass der Insolvenzverwalter das Konto nicht freigeben muss.

Sämtliche Regelungen gelten ausschließlich für natürliche Personen

Dieses ist nunmehr ausdrücklich in § 850k Abs. 1 ZPO nF. geregelt worden.

 

Die Neuregelungen sind für Personen in finanziellen Schwierigkeiten zu begrüßen!  Die Sicherstellung des Existenzminimums und die Auszahlung von unpfändbaren Sozialleistungen, Arbeitsentgelt und sonstigen Leistung wird deutlich verbessert. Auch die Regelungen zur Nutzung des Zahlungsskontos und zur Umwandlung eines Gemeinschaftskontos sind für alle Schuldner eine erhebliche Erleichterung. Leider sind auch die gesetzlichen Regelungen deutlich komplexer geworden.

Allerdings wird allein durch die Nutzung eines P-Kontos die finanzielle Situation vieler Menschen nicht verbessert!

Aktuell können rund 10 % aller Erwachsenen ihre Rechnungen und Schulden dauerhaft nicht bezahlen. Voraussichtlich wird sich dieser Anteil durch die Corona-Pandemie in den nächsten Jahren noch erhöhen. Bei öffentlich geförderten Schuldnerberatungsstellen bestehen derzeit teilweise schon Wartezeiten von bis zu zwei Jahren.

Lassen Sie sich von einer qualifizierten Schuldnerberatung oder einem auf Insolvenzrecht und Schuldnerberatung spezialisierten Fachanwalt*in beraten, wie Sie dauerhaft Ihre finanziellen Verhältnisse in den Griff bekommen.

Die Dauer eines privaten Insolvenzverfahrens beträgt inzwischen nur noch drei Jahre!

Sollten noch Fragen offen geblieben sein, sprechen Sie uns gerne an!

Wir bieten Ihnen:

  • Schuldnerberatung
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Insolvenzrecht- Erhöhung des Pfändungsfreibetrages für Kinder des neuen Lebenspartners?

Ist der Pfändungsfreibetrag in der Insolvenz für Stiefkinder/Kinder des Lebenspartners zu erhöhen?

Ein aktueller Fall: 

Unser Mandant befindet sich im Insolvenzverfahren. Aktuell lebt er mit seiner neuen Partnerin und deren Kindern zusammen in einer Patchworkfamilie. Für ein Kind aus erster Ehe muss er Unterhalt zahlen. Seine Partnerin und ihre Kinder haben keine Einkünfte. Der Antrag seiner Partnerin auf Bewilligung von Sozialleistungen nach dem SGB II (Hartz IV) wurde zurückgewiesen, da unser Mandant mit seiner Partnerin und den Kindern eine Bedarfsgemeinschaft (§ 7 Abs. 2 und 3 SGB II) bildet. Damit übernimmt unser Mandant faktisch auch den Unterhalt für seine Partnerin und die Kinder seiner Partnerin.

Da er nicht nur seinem leiblichen Kind Unterhalt gewährt, möchte er seinen Pfändungsfreibetrag heraufsetzen lassen.

Der Antrag wurde abgelehnt.

Zu Recht?

Im Insolvenzverfahren ist unser Mandant verpflichtet, den pfändbaren Anteil seiner Einkünfte den Gläubigern zur Befriedigung zur Verfügung zu stellen. Nach Ermittlung seines pfändungsrelevanten Nettoeinkommens  sind die Unterhaltspflichten für die Ermittlung des pfändbaren Betrages zu bestimmen (§ 850 c ZPO). Eine Unterhaltspflicht besteht zunächst gegenüber seinem Kind aus erster Ehe. Darüber hinaus zahlt er die Lebenshaltungskosten für seine Partnerin und deren Kinder. Diesen ist er jedoch nicht gesetzlich (§§ 1601 und 1360a BGB) zum Unterhalt verpflichtet. Er zahlt die laufenden Kosten, weil es sich um seine neue Patchwork-Familie handelt.

Der Bundesgerichtshof hat im Oktober 2017 entschieden, dass Lebenspartner oder Stiefkinder nicht als gesetzliche Unterhaltspflichten berücksichtigt werden (BGH IX . ZB 100/16).

Ausnahme:

Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn die Summe der Einkünfte, die der Bedarfsgemeinschaft (unserem Mandanten, seiner Partnerin und deren Kindern) zur Verfügung stehen, das gesetzliche Existenzminimum unterschreitet. In diesem Fall kann und muss unser Mandant eine Bescheinigung des zuständigen Sozialleistungsträgers beantragen und damit nachweisen, dass das Existenzminimum unterschritten wird. Konkret muss das Jobcenter im Rahmen der Bewilligung von Hartz IV-Leistungen abstrakt prüfen, ob das Einkommen nach Abzug der pfändbaren Beträge niedriger ist als die Leistungen, die unser Mandant seine Partnerin und deren Kinder zusammen erhalten könnten.

Wichtig: Das Jobcenter ist verpflichtet, eine entsprechende Bescheinigung zu erstellen. Ergibt sich hieraus, dass unser Mandant nach Abzug der pfändbaren Beträge weniger Einkommen hat, als er vom Jobcenter für sich, seine Partnerin und deren Kinder als Bedarfsgemeinschaft erhalten könnte, kann er die Heraufsetzung des Pfändungsfreibetrages beim Insolvenzgericht unter Vorlage der Bescheinigung des Jobcenters beantragen. Das Insolvenzgericht wird dann einen weiteren Betrag seiner Einkünfte, der zur Sicherung des Existenzminimums seiner neuen Patchwork-Familie erforderlich ist, von der Pfändung zu Gunsten der Gläubiger ausnehmen.

 

 

 

 

 

 

 

 

Pfändung: Was bleibt übrig?

Wenn die Pfändung droht: Was bleibt mir als Schuldner zum Leben?

Wenn die Pfändung droht, werden wir oft gefragt, was zum Leben übrig bleibt. Was passiert, wenn mir die Schulden über den Kopf wachsen und der Gerichtsvollzieher kommt? Was ist, wenn die Gläubiger oder die Bank den Arbeitslohn oder das Gehalt bei meinem Arbeitgeber pfänden und Geld einziehen?

Die normale Wohnungseinrichtung ist normalerweise unpfändbar. Der Gerichtsvollzieher wird daher meist keine Pfändung vornehmen. Es wird lediglich ein Protokoll erstellt. Einige Tage später erhalten Sie voraussichtlich die Aufforderung, die eidesstattliche Versicherung abzugeben.

Was von Ihrem Einkommen zum Leben übrig bleibt, können Sie mit Hilfe des neuen Pfändungsrechners  auf unserer Homepage schnell und einfach selber ermitteln.

Als erstes geben Sie Ihr Nettoeinkommen , dann die Zahl der Unterhaltspflichtigen in den Pfändungsrechner ein und schon wissen Sie, was Ihnen unpfändbar verbleibt.

Ermittlung des Nettoeinkommens:

Arbeitseinkommen sind

  • Lohn und Gehalt
  • Besoldung bei Beamten
  • Arbeitslosengeld I und II (Hartz IV)
  • Krankengeld
  • Prämienzahlungen/Gewinnbeteiligungen
  • Weihnachtsgeld
  • sonstige Zulagen oder Sachbezüge

Besonderheit: Wenn Sie Einkünfte aus mehreren Tätigkeiten haben, rechnen Sie diese zusammen. Der pfändbare Betrag ist dann aus der Summe der Einkommen zu ermitteln. Der Gläubiger erhält den pfändbaren Betrag jedoch nur dann aus allen Einkünften, wenn er einen gerichtlichen Beschluss zur Zusammenrechnung  beantragt. Bis zu diesem Zeitpunkt kann die Berechnung für jedes Einkommen gesondert erfolgen.

Sofern Sie neben Ihrer reinen Vergütung weitere Einkommensbestandteile erhalten, müssen diese teilweise oder vollständig bei Ermittlung des Nettoeinkommens abgezogen werden.

Vollständig abzuziehen sind:

  • Vermögenswirksame Leistungen, die Ihr Arbeitgeber zahlt
  • Urlaubsgeld
  • Auslösungen, Zulagen und Spesen
  • Weihnachtsgeld bis höchstens 500 €

Nur zur Hälfte abgezogen werden müssen:

  • Vergütungen für Überstunden/Mehrarbeit

Zahl der Unterhaltspflichtigen:

Unterhaltspflichten bestehen gegenüber:

  • leiblichen und Adoptivkindern
  • dem Ehepartner
  • früheren Ehepartnern
  • sowie gegebenenfalls Eltern
  • der Mutter eines nichtehelichen Kindes

Achtung: Wenn Sie mit Ihrem Partner zusammenleben (ohne verheiratet zu sein), besteht diesem gegenüber keine Pflicht zum Unterhalt. Gleiches gilt gegenüber einem Stiefkind. Ganz wichtig ist auch: Es wird nur der Unterhalt berücksichtigt, der auch tatsächlich von Ihnen gezahlt wird.

Unseren neuen Pfändungsrechner finden Sie hier:  www.gruenertonline.de/pfaendungsrechner

Link zur offiziellen Pfändungstabelle: https://www.gesetze-im-internet.de/zpo/__850c.html